Das soll Anlass sein, nachfolgend einige Fakten zur Entstehung und Entwicklung der Bahnlinie Plaue - Ritschenhausen im Allgemeinen und zur Geschichte des Bahnhofes Suhl im Besonderen darzulegen.
Ende des 19.Jahrhunderts stellte der Thüringer Wald noch immer eine natürliche Grenze zwischen den Schienennetzen im Norden und Süden Deutschlands dar.
Nördlich des Gebirges war seit 1847 die Hauptbahn von Halle über Erfurt nach Eisenach in Betrieb. Über die 1858 eröffnete, und südlich des Gebirges verlaufende Werrabahn bestand über Meiningen Anschluss nach Lichtenfels, und damit an das bayerische Netz. Dieser Anschluss nach Bayern bestand auch in Meiningen über die seit 1874 in Betrieb befindliche Strecke nach Schweifurt. Aber die direkte Verbindung über den Thüringer Wald fehlte.
Als Lösung bot sich die Schließung der bestehenden Lücke zwischen Plaue und Grimmenthal an. Zum besseren Anschluss in Richtung Bayern nahm man auch eine Verbindung zwischen Grimmenthal und Ritschenhausen in die Planung auf.
Nachdem die verschiedenen Interessenlagen der im Streckenverlauf liegenden thüringer Kleinstaaten durch preußische Einflussnahme abgebaut werden konnte, begannen am 23.06.1879 die Vorarbeiten für die Bahnstrecke. Die eigentlichen Bauarbeiten begannen 1881.
Als erstes wurde der Abschnitt Grimmenthal - Suhl fertig gestellt. Seine Eröffnung erfolgte am 20.12.1882
Nach der Fertigstellung des Brandleitetunnels konnte am 01.08.1884 die gesamte Strecke dem Betrieb übergeben werden.
Suhl war zunächst nur ein kleiner Zwischenbahnhof mit einem einstöckigen Flachbau als Stationsgebäude. Erst im Jahr 1911 wurde das heute noch existierende, repräsentative Empfangsgebäude eingeweiht.
1911 wurde Suhl mit der Eröffnung der Strecke nach Schleusingen zum Bahnknotenpunkt. Die schleusinger Strecke blieb aber stets eine Nebenbahn mit geringer Bedeutung. Den Gegensatz bildete die Hauptstrecke Erfurt - Schweinfurt. Diese erlebte als Teil der kürzesten Bahnverbindung aus Berlin in den Südwesten Deutschlands in den Jahren bis 1945 einen stetigen Aufschwung.
Auch der Bahnhof Suhl nahm an dieser Entwicklung teil. Umfangreiche Güteranlagen wurden errichtet, um die zahlreichen Industriebetriebe mit Rohstoffen zu versorgen. Auch der Versand der Fertigprodukte erfolgte zum größten Teil per Bahn. Auch die Beschäftigten der Betriebe nutzten für den Weg zur Arbeit die Bahn, was zu Erweiterungen der Reiseverkehrsanlagen zwang.
Zeugnis dieser Verkehrsentwicklung ist wohl die Eröffnung des Bahnhofs der Simsonwerke (Suhl-Heinrichs) im Jahr 1927. Die Arbeiter erhielten so quasi einen Halt "vor dem Werktor". Außerdem banden hier eine umfangreiche Gleisanlage der Simsonwerke an das Netz der Reichsbahn an.
Im Ergebnis des 2. Weltkrieges wurde 1945 die Hauptstrecke zwischen Thüringen und Bayern unterbrochen. Sie verlor damit an Bedeutung im internationalen Verkehr. Für die Region dagegen nahm die Bedeutung eher noch zu. Gab es doch zur Versorgung der südlich des Thüringer Waldes gelegenen Gebiete der DDR (Bezirk Suhl) nur zwei leistungsfähige Bahnlinien.
Neben zahlreichen Personenzügen nach Meiningen verkehrten im Jahr 1982 Schnellzüge z.B. nach Görlitz, Berlin, Cottbus (-Krakow) und Stralsund. Sie alle hielten in Suhl. Zusätzlich passierten täglich 24 Güterzüge den Bahnhof.
Bereits kurz nach der 1989 erfolgten Wende kamen erste Gedanken auf, mit dem Lückenschluß zwischen Rentwertshausen und Mellrichstadt die alte Verbindung zwischen Bayern und Thüringen wieder herzustellen. Der"Lückenschluss" wurde schließlich am 28.09.1991 gefeiert.
Die mit ihm verbundenen Hoffnungnen im Fernreiseverkehr erfüllten sich nicht. Die Wiederaufnahme des internationalen Schnellzugverkehrs war von vorn herein nicht zu erwarten. Aber auch die zunächst zwischen Würzburg und Berlin verkehrenden Schnellzüge wurden nach und nach eingestellt. Heute wird der Bahnhof Suhl im Reiseverkehr lediglich noch mit Regionalexpresszügen von Erfurt nach Schweinfurt, sowie den Regio-Shuttles der Südthüringenbahn mit Laufweg Erfurt - Meiningen bedient.
Im Güterverkehr spielen Strecke und Bahnhof heute garkeine Rolle mehr. Der Anschlußbahnhof Suhl-Heinrichs wurde schon vor Jahren stillgelegt und mit den zurzeit laufenden Umbauarbeiten für den Neigetechnik - Betrieb werden auch die verbliebenen Güterverkehrsanlagen in Suhl zurückgebaut. Ebenfalls vom Rückbau betroffen ist die Verbindung zur Strecke in Richtung Schleusingen. Hier wurde bereits 1997 der Betrieb eingestellt.
Doch scheint die DB AG die Hoffnung auf eine Wiederbelebung im Güterverkehr nicht ganz augegeben zu haben, denn bei dem angesprochenen Streckenausbau für den Neitech - Verkehr wird die Achslast so gewählt, dass auch schwere Güterzüge verkehren können.
Im Reiseverkehr bringt die für 2008 vorgesehene Einführung des sogenannten "bogenschnellen Fahrens" auf der Gesamtstrecke erhebliche Fahrzeitgewinne.
Die derzeit noch im Bahnhof Suhl eingesetzten Eisenbahner sehen diesem Termin allerdings unter einem anderen Gesichtspunkt. Wird doch auch ihr Arbeitsplatz ab diesem Zeitpunkt entbehrlich, da der Betrieb der Strecke von einem in Arnstadt befindlichen Zentralstellwerk gesteuert wird.
Text: Manfred Schultz